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        MOSKAUER DEUTSCHE ZEITUNG
        Nr. 6 (589) MÄRZ 2023

                          KUNST                                                                         FESTIV AL

    ST A U RANT |         BALLE T T | MUSEUM






                                                                                    Gegen alle Widerstände



                                                                             Wie die bucharischen Juden sie selbst blieben

                                                                     Im usbekischen Buchara hat es   wurden jedoch verpflichtet, eine  von Usbekistan. „In dieser Zeit
                                                                     die wenigsten von ihnen gehal-  spezielle Steuer zu zahlen, durften  fing der Exodus an. Und obwohl
                                                                     ten, als die Grenzen durchlässig   keine staatlichen Ämter bekleiden  die Atmosphäre der bucharischen
                                                                     wurden. Doch die bucharischen   und bestimmte Kleidungsstücke  Juden noch deutlich zu spüren
                                                                     Juden pflegen ihren Glauben,   tragen. Außerdem mussten Syna-  war, klagten die Leute, dass Tra-
                                                                     ihre Traditionen und ihre Spra-  gogen so gebaut werden, dass sie  dition und Kultur verlorengingen.
                                                                     che auch fern der Heimat, so wie   die Moscheen nicht überragten.  Schließlich hatte man unter Seines-
                                                                     zuvor erst unter islamischer, dann   Gewöhnlich wohnten die Juden  gleichen gelebt. Heute ist man über
                                                                     unter sowjetischer Herrschaft.   in ihren eigenen Vierteln, wo sie  den gesamten Erdball verstreut.“
                                                                     Nun ist ihnen eine Ausstellung im  über eine gewisse Selbstverwaltung  Damals, so Lasar, hätten keinerlei
          Haus der Luschin-Brüder (1909) in der Kirow-Straße 28b
                                                                     Jüdischen Museum gewidmet.    verfügten. Die Gemeinde hatte  Strukturen existiert, um die Bewah-
                                                                                                   ihren Vorsteher, den sogenannten  rung der Traditionen zu unterstüt-
                                                                                                   Kalontar. Für das religiöse Leben  zen. Heute, da es praktisch in jedem
                                                                             Von Jekaterina Dolakidse
                                                                                                   war der Rabbiner zuständig.    Land Gemeinden der bucharischen
                                                                     Bucharische Juden leben heute auf   Im 18. Jahrhundert entstanden  Juden gebe, sei das ganz anders.
                                                                     der ganzen Welt, sei es in Samar-  in Zentralasien drei Machtzent-  „Die räumliche Zersplitterung hin-
                                                                     kand, Duschanbe, New York, Wien  ren: das Emirat von Buchara sowie  dert sie nicht daran, überall ihr
                                                                     oder Jerusalem. In Deutschland  die Khanate Kokand und Chiwa.  Zuhause zu haben und die Tradi-
                                                                     wurde ihre Zahl 2020 mit andert-  Die größte jüdische Gemeinschaft  tionen zu leben. Küche, Kleidung,
                                                                     halbtausend angegeben. Allein 300  war in Buchara konzentriert. Aus  Sprache – all das ist sogar bei der
                                                                     davon sind in Hannover zu Hause,  diesem Grund bezeichneten Rei-  jüngeren Generation, den Kindern
                                                                     wo 2002 die erste Gemeinde der  sende aus Europa die zentralasi-  und Enkeln zu finden.“
                                                                     bucharischen Juden auf deut-  atischen Juden als bucharisch.   Diese faszinierende Geschichte
                                                                     schem Boden gegründet wurde.  Ende des 19. Jahrhunderts ging  aus mehr als zwei Jahrtausenden
                                                                     Solche Gemeinden gibt es mittler-  das Khanat Kokand im russischen  mag auf den ersten Blick von loka-
                                                                     weile in allen möglichen Ländern.  Imperium auf. Das Emirat von  ler Natur und begrenztem Inter-
                                                                     Sie seien ein „exemplarisches und  Buchara und das Khanat Chiwa  esse für die breite Öffentlichkeit
          Haus des Kaufmanns Potapenko (1903) in der Kirow-Straße 36
                                                                     äußerst interessantes Beispiel für  gerieten zunächst unter das Protek-  erscheinen. Doch dass sie nun im
                                                                     die Bewahrung der Eigenheiten  torat Russlands, blieben nach innen  Fokus der Ausstellung im Jüdi-
                                                                     einer Volksgruppe“, deren Ange-  jedoch selbstständig.       schen Museum steht, hat durch-
                                                                     hörige zum überwiegenden Teil   In den 1920er Jahren wurde hier  aus einen tieferen Sinn. Denn die
                                                                     aus ihrer angestammten Heimat  die Sowjetmacht ausgerufen und  Frage, wie sich die Bewahrung von
                                                                     in Zentralasien ausgewandert sind,  das Territorium an die Sowjetunion  Identität und Tradition mit äuße-
                                                                     sagt Alexander Boroda, der Leiter  angegliedert. Für die bucharischen  ren Faktoren wie der Auflösung
                                                                     des Jüdischen Museums und Tole-  Juden hatte das eklatante Folgen:  herkömmlicher Lebensverhältnisse
                                                                     ranzzentrums in Moskau. Dort  Ihre Gemeinden wurden aufgelöst,  und der Globalisierung verträgt, ist
                                                                     läuft seit dem 3. März und noch  die jüdischen Kaufleute enteignet.  von allgemeinem Charakter.
                                                                     bis zum 18. Juni die Ausstellung  Mit der Zeit zog auch die Zerstö-  In der Ausstellung vermit-
                                                                     „Bucharische Juden: Am Schnitt-  rung der jüdischen Kultur immer  teln Objekte der Volkskunst, des
                                                                     punkt der Zivilisationen“.    weitere Kreise: Der bucharisch-  Alltagslebens und der Religion,
                                                                       Die bucharischen Juden sind  jüdische Dialekt wurde aus der  magische Amulette, Elemente
                                                                     Abkömmlinge einer jüdischen  Liste der Sprachen der Sowjetvöl-  der häuslichen Inneneinrichtung
                                                                     Urbevölkerung, die sich in der  ker gestrichen, alle Schriftquellen  sowie historische Dokumente und
                                                                     zentralasiatischen Region zwi-  mussten ins Kyrillische übertragen  Fotografien einen Eindruck von
          Haus des Händlers Rybkin (1913) in der Fadejew-Uferstraße 10
                                                                     schen dem sechsten und vierten  werden. Bildungs- und Kulturein-  der Welt der bucharischen Juden.
                                                                     Jahrhundert vor unserer Zeitrech-  richtungen wurden geschlossen.  Besucher erfahren etwas über ihre
                                                                     nung niederließ. Die Eroberung   Als die Sowjetunion zerfiel, kehr-  berufliche Tätigkeit, etwa im Han-
                                                                     dieses Gebiets durch die Araber im  ten die allermeisten bucharischen  del, in Färberei- oder Juwelierge-
                                                                     8.  Jahrhundert ging mit deren Isla-  Juden Zentralasien den Rücken.  schäft, über Musik- und Theater-
                                                                     misierung einher. Doch die meisten  Russlands Oberrabbiner Berl Lasar  kunst, Hochzeitstraditionen, reli-
                                                                     Juden bewahrten ihren Glauben.  erzählt, wie er 1987 zum ersten Mal  giöse und magische Riten und den
                                                                     Sie konnten ihre Religion ausüben,  in Taschkent war, der Hauptstadt  Aufbau der Synagogen.
         3   SHOW                      4   AUSFLUG
                                                                      Jüdisches Museum
          ES LEBE DIE MAGIE             AUF NACH MYSCHKIN
                                        Eine dreitägige Tour in die Klein-
                                    wonder-circus.ru  stadt Myschkin an der Wolga hat
                                        der auf Flussreisen spezialisierte
                                        Reiseveranstalter Wodochod im
                                        Programm. Die Fahrt mit dem
                                        Kreuzfahrtschiff „St. Petersburg“
                                        kostet ab 27 550 Rubel pro Per-
                                        son mit Vollpension an Bord.
          Der „Zirkus der Wunder“ macht
          den „Kleinen Prinzen“ zu einem
          Spektakel für kleinere Kinder,                          kruiz.online
          wobei die Grenzen zwischen den
          Genres fließend sind. Die nächs-
          te Vorstellung findet im Kultur-
          zentrum Moskworetschje statt.

          8. April, 12 Uhr              5. bis 7. Mai
          Der kleine Prinz              Ab/an Flussbahnhof Nord
          Kaschirskoje Schosse 52       Leningradskoje Schosse 51
            Kaschirskaja                   Retschnoj Woksal
          wonder-circus.ru              vodohod.com
                                                                       Kopfkino: In der Ausstellung beschwören Gewürze Bilder von orientalischen Märkten herauf.
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